Brief eines Silberjubilars

BREMEN, 12. Februar 1997 (Zeu96112.)

Betr.: Zeitungsmeldung Weser Kurier v.08.02.1997 AIRBUS WILL MEHR STELLEN ERHALTEN

Sehr geehrter Herr Dr. Humbert,

...ich bin ein 52 jÄhriger Bremer Mitarbeiter, denen ab 10.1996 die -ALTERNATIVE- gelassen wurde zwischen

2. ...oder Eigeninitiative ergreifen.

Als langjÄhriger Mitarbeiter (24 + 5 Jahre) im Flugzeugbau mit viel Engagement und persönlich reichem Erfahrensschatz wÄhlte ich die Eigeninitiative und die mit Ihrer Firma und dem Arbeitsamt abgeschlossene Strukturkurzarbeit bis Ende 1997 mit der Option vielleicht in einer weniger -desolaten- Branche Fuß fassen zu können.

Ich lese mit steigendem Entsetzen, wie sich diese Firma scheinbar u.a. an meinem engagierten Verhalten gesundet hat, wenn ich die Meldungen und auch Ihr internes Papier richtig interpretiere. Ich höre und lese von den riesigen FlugzeugverkÄufen im amerikanischen Markt jetzt im August 1997. (5 Milliarden Mark GeschÄft)

Der Anstoß dafür ist der Artikel im Weser-Kurier (oben zitiert). Ich gehe davon aus, daß dieser Artikel im Sinne nach richtig ist.

-Mit dem Airbus geht es wieder aufwÄrts. Das europÄische Konsortium will innerhalb der nÄchsten zwei Jahre die Produktion verdreifachen. Der geplante Personalabbau wird stark zurückgenommen.-

Angesichts solcher Meldungen bleibt es im Verborgenen, wo Sie Ihre Sorgfaltspflicht gegenüber Ihren MitarbeiterInnen versteckt halten; besonders denen gegenüber, die Sie ab 1995 -in die Wüste geschickt haben-.

Mit welchen Argumenten soll ein z.B. 52-jÄhriger ausgesteuerter DASA-Mitarbeiter gegenüber dem Arbeitsamt noch argumentieren, wenn er gezwungenermaßen -einvernehmliche VertrÄge- mit Ihnen abschliessen mußte?

Woher nehmen Sie persönlich den -Mut- und das Rückrat, langjÄhrige Mitarbeiter in solch entwürdigender Form aus einem Betrieb rauszuekeln, der in so hohem Maße von staatlichen AuftrÄgen und Subventionen gelebt hat und lebt.

Angesichts von vierMillionenzweihundertausend arbeitslosen Menschen in diesem Lande mit steigender Tendenz ist es geradezu provozierend und entwürdigend, bei einem solchen absehbaren Hochlauf des FlugzeuggeschÄfts noch intensiv engagierte Menschen einfach -auf die Straße- zu setzen und dies für einen solchen Firmenapparat wie Daimler-Benz.

Sie dürfen versichert sein, daß ich die positive Auftragslage der Firma, für die ich fast 28 Jahre engagiert gearbeitet habe als gutes Zeichen ansehe, aber ich versichere Ihnen auch, und dies auch mit diesem Schreiben, daß ich meine ganze Kraft einsetzen werde, diese entwürdigende, ignorante und für ehrliche Menschen unfaßbare Art des Umgangs mit Existenzen in diesem Lande öffentlich anzuprangern, wo ich es nur kann.

Wie können Sie mit ehrlichem Gesicht vor Ihre MitarbeiterInnen treten und diese auch noch -motivieren wollen- mit einem solchen menschenverachtendem Verhalten?

Ich werde diesen Brief als OFFENEN BRIEF verteilen.

Hochachtungsvoll Norbert Saake

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