Putzen für zwei Mark die Stunde?

Staatliche Hilfe in Deutschland bietet wenig Anreize

Wer als Sozialhilfeempfänger in Deutschland sein Einkommen durch eigene Arbeit steigern möchte, hat schlechte Karten. Eine Modellrechnung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, daß eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern die Haushaltskasse gerade einmal um ein knappes Sechstel aufbessern kann.

-Die Briten kommen dagegen auf ein Plus von über 50 Prozent, Amerikaner können ihr Einkommen sogar fast verdreifachen-, so Waltraut Peter, Initiatorin der Studie des Kölner Instituts.

Mehr als 55 Milliarden Mark geben die Deutschen inzwischen Jahr für Jahr für die Sozialhilfe aus. Wohlwissend, daß ein gehöriger Teil davon eingespart werden könnte, wenn die staatliche Hilfe tatsächlich das wäre, was sie sein sollte: Hilfe zur Selbsthilfe.Wie groß die nationalen Unterschiede sind, bestätigt.

ein Vergleich am Beispiel alleinerziehender Mütter mit zwei Kindern. Diese Gruppe wurde aus zwei Gründen gewählt: Zum einen gibt es in keinem der drei Länder einen -durchschnittlichen Sozialhilfeempfänger-. Zum anderen haben in den USA ausschließlich Alleinerziehende Anspruch auf Sozialhilfe. Zudem stellt diese Gruppe in Deutschland immerhin 4 Prozent der 25- bis 40- jährigen Sozialhilfeempfänger.

Die Modellrechnung geht davon aus, daß alle drei Frauen einen Vollzeitjob in Niedriglohnsektor annehmen. Ihr Stundenlohn von 11,88 Mark summiert sich dabei auf ein monatliches Bruttoeinkommen von jeweils 2058 Mark

Gerade mal 378 Mark

Michaela Dernbach lebt gemeinsam mit ihren fünf und zehn Jahre alten Söhnen in einer Dreizimmer-Wohnung im Kölner Süden. -Mein ExMann zahlt mir keinen Unterhalt, seit der Trennung bin ich auf Sozialhilfe angewiesene- klagt sie.

Nach der Geburt ihrer Kinder gab sie ihren Job bei einer Gebäudereinigungsfirma auf.

Mit der Hilfe zum Lebensunterhalt, einer Kleiderpauschale, 440 Mark Kindergeld einem Unterhaltsvorschuß vom Jugendamt in Höhe von 239 Mark sowie der vom Sozialamt komplett übernommenen Warmmiete beläuft sich ihr Einkommen derzeit auf 2384 Mark.

Viel lieber als auf Staatskosten würde die 36 jährige jedoch wieder von ihrer eigenen Hände Arbeit leben. Allein: Es lohnt sich fast nicht. Denn ihr in der Modellrechnung angenommenes Bruttoeinkommen von 2 058 Mark wäre zwar steuerfrei aber doch sozialversicherungspflichtig. Nach derzeitigen Regelungen kämen noch 459 Mark an Rest- Sozialhilfe sowie der unveränderte Unterhaltsvorschuß und das Kindergeld hinzu. Das verfügbare Einkommen nach 38,5 Stunden Arbeit in der Putzkolonne läge dann bei 2 762 Mark - gerade einmal 378 Mark mehr im Vergleich zur reinen Sozialhilfe.

Das entspricht einem Stundenlohn von 2,26 Mark. Und -dafür- so Michaela D. enttäuscht, lasse ich meine Kinder nicht allein.-

51 Prozent Einkommens-Plus

Noch vor gut einem Jahr war Britin Pam Stark aus dem südenglischen Bournemouth in einer ähnlichen Situation. Umgerechnet 2225 Mark bezog die ebenfalls alleinerziehende Mutter zweier Kinder an Sozialhilfe (Income support) - rund 160 Mark weniger als hierzulande.

Dann aber entschloß sich die 33jährige zur Rückkehr ins Berufsleben. -Als mir ein Job in der Kantine eines Chemie Unternehmens angeboten wurde, sagte ich sofort zu-, erzählt Frau Stark. Auch im Fall der von 2058 Mark aus, abzüglich Steuern und Sozialabgaben.

Neben der verbleibenden Sozialhilfe erhält sie wie ihre deutsche Kollegin Kindergeld und Freibetrag. Zusätzlich bekommt die Britin einen Steuerkredit für niedrigverdienende Eltern. Die Höhe dieses -Family Credit- berechnet sich nach Zahl und Alter der Kinder sowie nach der Wochenarbeitszeit. Der Höchstsatz wird bis zu einem Nettoeinkommen von 79 Pfund pro Woche gezahlt.

Für jedes darüberliegende Pfund reduziert sich der -Family Credit- um 70 Pence, so daß er bei einem Bruttostundenlohn von rund 5 Pfund, etwa 15 Mark, ausläuft.

Alles in allem summiert sich das verfügbare Monatseinkommen von Pam Stark heute auf 3349 Mark. Durch eigene Arbeit 51Prozent mehr Einkommen - über 750 Mark mehr als in Deutschland möglich ist.