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Reise nach Antonien



Die riesige helle, gleißende und stechende Sonne durchdrang wahrscheinlich kaum die dicke dichte Wolkendecke. Wir waren über diesen Wolken.

Ich spürte diese unendliche, megagroße Leichtigkeit, fast federleicht über den Wolken zu schweben und dennoch in einem Raum eingepfercht zu sein. Blechkiste Flugzeug, keine Betonwände! Diese Gegensätze der Leichtigkeit zur Schwere machten mir keine Angst, weil ich eben auch ganz automatisch wusste, dass ich dieses freiwillig auf mich genommen hatte.

Eine eigene Entscheidung!

Erholung, Abstand gewinnen und einen weiteren geistigen Anfang starten, das war mein Wunsch für diese Reise.

Ich saß zwischen den Reihen des Flugzeugs, vorne, kurz vor den Flügeln Ich sitze gerne in der Mitte. Von dort habe ich einen genußvollen Blick in den ganzen Flugzeugraum.

Die lange Reihe der 3er -Sitze zu beiden Seiten war nicht ganz besetzt. Eine Familie mit zwei vielleicht 6-8 jährigen Jungen sass hinter mir, schwarzhaarige, fröhliche, quietschige, bewegte Kinder.

Etwas weiter entfernt ein Paar mit Tochter, vielleicht im Teenie - Alter. Alle anderen fielen mir nicht sonderlich auf und ich habe sie auch in dem Moment vergessen, als ich den Blick abwendete.

Die Tochter sass mit etwas genervtem, pubertär angehauchtem Gesichtsausdruck am Flugzeug-fenster als ließ sie sich zu nichts bewegen.

Wohl schon wieder so ein Nervurlaub, konnte ich aus dem Gesichtsausdruck ablesen. Das musste aber nicht stimmen!

Was guckt der denn so hier her? Sieht ja nicht doof aus, aber irgendwie muss der doch nicht so gucken, oder?

Nun, nach Antonien zu fliegen, hatte ich lange überlegt.

Ich hatte es überlegt, wegen der Sonne, der Wärme und der Helligkeit, natürlich auch relaxen, in der Sonne liegen und die Beine baumeln lassen.

Ich streckte mich nach meinem Rundblick, so gut es ging zwischen den engen Sitzen und schloss meine Augen. Die Turbinen brummten und vibrierten in einem leicht singenden Ton. Das gab ein gutes Gefühl von Stärke und Mut, dass dieses riesige, schwere Flugzeug nicht noch herunterfiel, denn irgendwie war es immer wieder eine Frage, wieso eigentlich so ein schweres Transportgerät in der Luft fliegen konnte. Ich wollte dies aber jetzt nicht beantworten.

An ein ruhendes Schlafen für mich war nicht zu denken, derweil es einfach zu eng und auch zu laut war. Der Flug von Stuttgart dauerte sowieso nur vier Stunden, so dass ein richtiges Vorschlafen, für irgendwelche kommenden, heiße oder wilde Nächte, auch nicht angezeigt waren.

Ich stand immer wieder zwischendurch mal auf um die Beine zu vertreten, lächelte in Richtung des jungen Teenies, erntete aber nur ein müdes, etwas gelangweiltes Mundzucken.

Da guckt der schon wieder! Na, ja, ich kann ja mal zeigen, dass ich ihn gesehen habe, sonst spricht der mich vielleicht sogar noch an. Ich habe keine Lust mit irgend jemand was zu reden... ist doch sowie so langweilig, was die Männer so sagen!

Nun, denn, mein Blick in die Runde war aber nicht viel Erfolg versprechender.

Menschen saßen in Zeitschriften und Büchern vertieft, jemand nieste und die beiden Quietsche -Jungen spielten ein für mich undefinierbares Kartenspiel, eben der Situation entsprechend.

Wir landeten problemlos in Restarten Dussai, einem von drei Flughäfen der Stadt Magorny. Der Flughafen war rund 19 km außerhalb der Millionenstadt, was eben auch eine Fahrt mit Shuttle- Bussen oder eigenem PKW oder der Bahn notwendig machte.

Bei der Gepäckausgabe stand ich in der Runde der Wartenden. Ich versuchte meinen Koffer zu erspähen, die auf den langen Transportbändern aus unüberschaubaren schwarzen Löchern hinter dicken Gummivorhängen an uns herangefahren wurden.

Erst jetzt konnte ich das junge Teenie- Mädchen erspähen, und diese gelangweilte kleine Zicke erst in voller Größe erkennen. Ihr Alter konnte ich nicht abschätzen, weil mir die Erfahrung mit pubertären Jugendlichen fehlte. Sie trug langes, mittelblondes, leicht gelocktes Haar. Ihr eigentlich hübsches gleichmäßig scheinendes Gesicht, etwas oval, war aber doch ganz ansehnlich trotz der aufgesetzten Langeweile oder auch Lässigkeit. Sie war ziemlich klein, deshalb sah sie wohl auch jünger aus als ich es mir denken konnte.

Sie stand dann fast zufällig neben mir, und wartete ebenfalls auf ihre Gepäckstücke. Ihre Eltern hatten sich etwas weiter weg davon aufgestellt und lächelten ganz freundlich zu mir rüber.

Ach, na, ja, sieht ja ganz nett aus! Vielleicht treffe ich ja wieder und er lädt mich zu einem Eis ein oder so was? Eigentlich habe ich ja auch Urlaub und es kann ja vielleicht ganz schön werden, vielleicht!?

...ich sah meinen Koffer auf dem Laufband herankommen, konnte ihn gut greifen und stellte ihn neben mich. Gleich danach griff die kleine Zicke, ich nenne sie einfach mal Maja, zu einem Gepäckstück, verfehlte aber den Griff des Koffers, so dass der Koffer weiterfuhr. Etwas geistesgegenwärtig und mit längerem Arm ausgestattet, konnte ich den Koffer an der Seite erfassen und ihn vom Band ziehen. Danke, lächelte sie aus ihren Mundwinkeln, zog die Augenbrauen nach oben und ließ für ein paar Sekunden die Langeweile von sich abfallen

Das ist sehr nett von ihnen! Vielen Dank!

Irgendwie finde ich ihn wirklich nett. Er lächelt so hübsch... und geholfen hat er mir auch... vielleicht ein Kavalier... ob der wohl alleine ist? Vielleicht kommt seine Freundin noch nach? Na, ja, mal sehen was überhaupt so läuft...

Ok, dachte ich, das hat ja gut geklappt und wenn ich etwas Licht und Sprache in den Alltag des Urlaubs bringen konnte wäre das doch sehr schön... ...eben, jeden Tag eine gute Tat, auch wenn es zufällig auf mich einstürmt.

Wo fahrt ihr denn hin?

Nach Dussai in ein Hotel am Strand! ...es soll sehr schön sein, dort, und Sie?

...oh, da werden wir uns vielleicht mal über den Weg laufen. Das ist auch mein Ziel! ok, bis dann...

Der Bann des ersten Wortes war gebrochen, Nun, ich wollte niemanden kennen lernen, schon gar nicht mit einem so jungen Mädchen anbandeln, aber ein kleines Gespräch über etwas Belangloses war auch immer ganz anregend für die Laune, egal mit wem.

Wir schoben das Gepäck zu einem bereitstehenden Shuttle-Bus. Dort wurde alles verpackt, etwas chaotisch und durcheinander, aber scheinbar kommt wohl alles gut an.

Pauschalreise pur, etwas Betonburg gebucht, aber ohne Aufregung, eben zum Relaxen nach Antonien. Es war dort immer sehr angenehm warm, hatte ich gehört, und ich konnte schon das erste Zwiebelhemd meiner warmen Kleidung ausziehen und mich der Wärme ergeben. Wundervoll angenehm!

Nun, ich mit meinen fünfundzwanzig Jahren, ohne große Ambitionen, gerade gut für eine Pauschalreise gerüstet und eingestellt. Ich hatte gerade meine kurze Partnerschaft mit einer ziemlich aktiven Frau aufgegeben, also war getrennt. Deshalb hatte ich minimale Lust auf große Kommunikation oder langweilende Gespräche über Gott und die Welt. Nein, Ruhe und Entspannung war angesagt!

Das einzig aufregende wäre für mich, morgens zum Joggen jemanden zu finden, der daran ebenfalls Spaß hat und mit dem ich in ein leichtes unverbind-liches Geplapper verfallen konnte.

Die Eltern und das junge Mädchen, die ich Maja getauft hatte, saßen zwei Reihen vor mir im Shuttle-Bus. Der Bus war fast voll. Das Elternpaar mit den beiden Jungs hatte sich hinter mich platziert und von dort kam auch Gekicher und Geplärre, aber doch ganz urlaubsmäßig aufgeregt.

Weshalb wollte ich sie Maja nennen?

Ich war schon mal in Mexiko und hatte dort die riesigen Tempelanlagen der Maya besichtigt, deshalb wohl? Sie sah danach wirklich nicht aus. Mein Interesse war auch höchst oberflächlich, Maja, ohne Vorstellung der Namensursache, und weshalb überhaupt ein mir unbekanntes Mädchen mit Namen benennen an dem ich eigentlich wenig Interesse zeigen konnte und auch nicht wollte? Manche Handlungen sind wohl einfach irrational, dachte ich.

Ich wusste natürlich nichts über sie außer ihre gelangweilte, etwas oberflächliche Körpersprache, ein Wesen, welches mir im Bus dennoch vorn vorne ein wenig zulächelte.

Na gut, Eis gebrochen. Guten Tag, und wie geht´s? Hat das Essen geschmeckt? ...und was ist mit Disco und Jungs?

Ich folgte meinen Gedanken nach, sah das Zimmer im Hotel vor meinen geistigen Augen, Einzel-Doppelzimmer mit etwas Meerblick, Entspannung durch gutes Frühstück und Nachmittagsruhe, kleine Schläfchen und lesen des letzten Buches, eben, was ich schon immer machen wollte.

Siebenundzwanzig Kilometer im Bus bis Dussai wird mich nicht umbringen! Die Zeit der Arbeit hinter sich lassen und auch auf einer Pool-Liege die Sonne genießen. Vierzehn Tage Rotwein in Maßen und Wasser, Weißbrot und Knoblauch, Antonische Musik und andere Sprache, ohne Internet und Telefon, ganz für mich, wirklich herrlich, diese Vorstellung.

Ich benötigte keinen gelangweilten, zickigen Teenager um Gespräche zu haben. Ok, ein kleines Lächeln eines ehemals gelangweilten Mädchenkopfes ist schon in Ordnung. Aber was soll es, mehr kommt da ja ohnehin nicht in Frage.

Ich legte meinen Kopf ein paar Mal zurück. Der Bus fuhr sanft aus den sehr zackigen, manchmal rechtwinkligen Kurven durch die doch sehr urtümlich wirkenden Ortsdurchfahrten der kleinen Ortschaften. Etwas Berg und Tal, Felsen und sanft-grüner Bewuchs von südlichem Buschgrün, von grün bis grau.

Ein leichtes Zittern und Grollen bewegte sich durch den Bus. Ich hatte natürlich von Erdbeben gehört, aber zum Glück noch niemals eines erlebt. Diese Region galt als relativ sicher und gehörte auch nicht zu den Randgebieten einer tektonischen Platte. Der Fahrer murmelte leise, aber hörbar, sagte aber nichts Direktes, wohl auch aus dem Wissen, dass seine Fahrgäste es sowieso nicht verstehen können.

Es grollte und zitterte wieder ganz leicht.

Egal, ich hatte gehört das gibt es schon mal und beruhigte mich. Bis zum Hotel blieb es auch ganz ruhig, beruhigend, Sommer, Sonne, Helligkeit und Wärme im März, erholsam und anregend zugleich.

Dieselbe Sonne in Deutschland wie auch in Antonien, dort kalt und hier wunderbar heiß und wärmend.

Ich saß wieder in der Mitte, hatte also keinen Fensterplatz im Bus. Ich schenkte Maja ein Lächeln zurück, wollte mich aber in nichts hineindrängen lassen, was eben auch nicht passieren könnte. Majas Eltern unterhielten sich scheinbar angeregt und mein Bedarf an Gespräch war sowieso ziemlich weit unten. Die Autos und Felsen, Häuser und Mauern huschten an uns vorbei und zeigten die beeindruckende fremde Art von Antonischer Landschaft und Bauweise. Es zeigten sich neben den sehr alten einheimischen Felsmauern und Bauten auch die moderneren Betonbauten, gerade und einfach, eben auch ihrer Nutzung entsprechend.

Irgendwie macht sich das ganz gut mit dem netten Mann aus der Reihe vor mir! Er hat ein liebes Gesicht! Ist ja schon etwas älter, aber macht nichts... ich kann ja mal etwas netter sein, oder?

Ich hörte im Bus sowohl schwäbisch, sächsisch und bayrisch durcheinander... das klang sehr komisch in einer so südländischen Umgebung, eigentlich ziemlich unpassend. Nun, fremde Sprache in einer anderen Umgebung klingt wohl immer etwas seltsam, nicht wie in die Landschaft hinein gewach-sen. Doch es ist wirklich nur ein Gefühl und man gewöhnt sich ganz schnell an diese Fremdheit.

Die Menschen hatten das Zittern und Beben fast kommentarlos hingenommen, doch ich hörte zwischendurch auch mal einen Zwischenlaut, der so etwas beruhigend wirken sollte.. ...alles nicht so tragisch, es bebt, na und, immer mal weniger, mal mehr auf der Tektonischen Platte... ...das Leben ist halt nicht ungefährlich, immer ruhig bleiben, lächeln, es ist doch Urlaub.

Kleine Ferien, auch in der Schule in Deutschland! Aha, daher waren auch einige Kinder dabei, die eigentlich noch Schule hatten, dachte ich.

Maja auf Urlaub!

Ihre Haare lagen wirr auf dem Sitzrücken, leicht zerzaust aber sehr schön anzusehen. Weshalb haben eigentlich die Mädchen fast immer so lange Haare und die Jungen fast immer kurze? Liegt das am Fußball spielen, oder an der Lauffreudigkeit der Jungen, weil das ja schnittiger ist wegen des Windwiderstands?

Mal sehen, wie ich es anfange! Ich bin ja alleine, also Mam und Dad wollen sowieso für sich was machen... ich werde mal beim Sonnenbaden gucken was sich da so machen lässt! Vielleicht mag er ja meinen Bikini? Hoffentlich kann ich noch mal zum Friseur oder so!

Nun gut, Majas Haare, wie von einem Sommerwind zerzauste Palme..., aber hübsch...

...ach ja, romantische Gedanken!

Weshalb ich Maja mehr beachtete als ich dachte, weiß ich nicht! Eigentlich war sie mir ziemlich gleichgültig, doch ein wenig Interesse hatte sich eingestellt, als ich dieses kurze Kofferintermezzo mit ihr hatte und ich ihr ein Lächeln abringen konnte Wie wahr, ein kleines süßes Lächeln eines Mädchens konnte schon ein kleines Interesse wecken sich eben mehr als gewöhnlich und nebenbei mit einem Menschen zu beschäftigen.

**

Nun, die Busreise endete ohne besondere Gegebenheiten. Wir nickten uns zu und begaben uns mit den Koffern bepackt auf unsere Zimmer in die verschiedenen Etagen. Irgendwie war meine Lust auf Gespräch auch vorbei, zu mindestens fürs Erste.

Seltsam ist das Verhalten, dass die nettesten Leute und die fröhlichste Kommunikation fast immer erst am Ende eines Urlaubs stattfindet.

Ob das etwas damit zu tun hat, dass man sich freut endlich die Leute zu verlassen zu können, die man eigentlich gar nicht sehen wollte..? ...oder ist es immer die allgemeine Freude wieder nach Hause in die heimatliche Gefilde zu kommen? Das müssen die Körpersignale den Freuden-hormonen wohl andeuten und sie zu einem totalen Ausstoß veranlassen. Diese Gedanken hatte ich noch als ich meinen Korridor erreichte und mein Zimmer aufschloss.

Das Zimmer war sehr gemütlich eingerichtet. Es gab ein Bett und eine kleine Sitzecke mit rundem Tisch und zwei wirklich bequemen Sesseln. Nicht weit davon standen Fernseher und eine kleine Radio-anlage. Das ganze war schon ein guter Standard.

Das Bad war mit einer Badewanne ausgestattet und hatte ein ziemlich großes Waschbecken mit breiter Marmorauflage. Es sah sehr großzügig aus. Vom Schlaf-Wohnzimmer konnte ich auf die grüne Anlage mit einem rund-oval gestalteten Pool blicken. Palmen, sehr viele grüne Büsche gefällig angeordnet rundeten das ganze zu einem Blick in einen erholsamen Urlaub ab... Ich war ganz zufrieden mit meiner Wahl.





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